Zielsystemtheorie

 

[engl. theory of goal systems], [EM, KOG], gemäß der Zielsystemtheorie von Kruglanski et al. (2002) können motivationale Prozesse (Motivation) wie Persistenz und Leistung beim Zielstreben, die Auswahl von Mitteln zur Zielverfolgung und das Erleben der Zielverfolgung auf der Basis kogn. Repräsentationen und Mechanismen erklärt werden. Ziele sind demnach wie semantische Wissensstrukturen  im Gedächtnis von Personen repräsentiert. Hat eine Person die Absicht oder ist gerade dabei, ein Ziel zu verfolgen (z. B. abzunehmen), ist dieses Ziel in ihrem Gedächtnis aktiviert, also kogn. zugänglich. Nachweisbar z. B. durch eine lexikalische Entscheidungsaufgabe: Wörter, die mit dem Ziele in Verbindung stehen (z. B. schlank) werden schneller erkannt als andere Wörter. Ebenso wie in semantischen Netzwerken kogn. Aktivierung von einem Bestandteil des Netzwerks zum nächsten übertragen wird – der Begriff «Hund» aktiviert z. B. die mit ihm bedeutungsmäßig verknüpften Konzepte «Tier» und «Terrier» – breitet sich auch kogn. Aktivierung zw. verbundenen Repräsentationen in Zielsystemen aus. Neben dem angestrebten Zielzustand sind demnach auch mit ihm verbundene Mittel der Zielverfolgung (z. B. Diät, Jogging) sowie übergeordnete Ziele (z. B. Schönheit, Gesundheit) ko-aktiviert – sie bilden das Zielsystem. So aktiviert das Mittel «Jogging» das Ziel «Abnehmen» bei jemandem, der Jogging zu diesem Zweck nutzen will. Denkt diese Person an «Jogging», wird bei ihr auch der Gedanke ans «Abnehmen» aktiviert. Umgekehrt aktiviert die Person beim Gedanken an den angestrebten Zielzustand «Abnehmen» auch die k. R. des Mittels «Jogging», wenn sie dieses Mittel vorher bereits mit dem Ziel in Verbindung gebracht hat. Im Ggs. zur Erregungsübertragung in semantischen Netzwerken wird Erregung in Zielsystemen. nicht zw. semantisch verknüpften Konzepten sondern zw. funktional miteinander verknüpften Konzepten übertragen: Während die Begriffe «schlank» und «Jogging» z. B. keine enge semantische Verbindung aufzeigen, kann für jemanden, der vorhat, schlank zu werden, Jogging durchaus funktional für die Erreichung dieses Ziel sein und somit als Mittel gelten.

Determinanten der Stärke der Assoziation von Mitteln und Zielen und damit auch der Erregungsübertragung zw. diesen Bestandteilen des Zielsystems: Wurde ein Mittel in der Vergangenheit immer wieder mit einem Ziel assoziiert (z. B. Jogging mit dem Ziel Gewichtsreduktion), ist es infolge stärker kogn. mit ihm verbunden und wird stärker durch das Ziel ko-aktiviert als alternative Mittel, die weniger häufig zur Zielverfolgung eingesetzt wurden (z. B. Fahrradfahren). Ähnlich dem sog. Fan-Effekt (Fächereffekt) in semantischen Netzwerken wird das Gesamtmaß der Erregung, die z. B. von einem Ziel auf seine Mittel übertragen wird, auch geteilt durch die Anzahl der Mittel, die mit diesem Ziel assoziiert sind: Gibt es nur ein Mittel zu einem Ziel, wird die vom Ziel ausgehende Erregung auch nur exklusiv an dieses Mittel übertragen. Die Ko-Aktivierung ist somit hoch und die Anwendung dieses einen Mittels zur Zielverfolgung besonders wahrscheinlich. Sind hingegen mehrere Ziele mit einem Mittel erreichbar (Multifinalität liegt vor, weil man «mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen kann») oder mehrere Mittel mit einem Ziel verbunden (Äquifinalität liegt vor, weil «viele Wege nach Rom» führen), so sind die jew. Erregungspfade weniger stark ausgeprägt. Mittel, die nur einem Ziel dienen, werden, solange nur dieses Ziel verfolgt werden soll, eher eingesetzt, als Mittel die gleichzeitig noch weiteren, momentan nicht relevanten Zielen dienen (Verwässerungseffekt [engl. dilution effect]). Sind in einer Situation jedoch mehrere Ziele aktiviert, ist insbes. der Einsatz von Mitteln wahrscheinlich, die mit all jenen Zielen assoziativ verknüpft sind. Die Aktivierung solch multifinaler Mittel ergibt sich aus der Summe der von allen aktiven Zielen auf diese Mittel übertragenen Ko-Aktivierung. Je mehr Mittel es hingegen zur Verfolgung eines Ziels gibt, desto weniger stark werden diese Mittel aufgrund der aufgeteilten Erregung ko-aktiviert.

Zw. Bestandteilen von Zielsystemen gibt es nicht nur erregungsübertragende, sondern auch erregungshemmende Verbindungen. Ziele, die miteinander nicht vereinbar sind, z. B. Gesundheit und Genuss, wenn es um Ernährung geht, hemmen sich gegenseitig. Ist eine Person an ein Ziel stark gebunden, wird bei Aktivierung dieses Ziel die kogn. Zugänglichkeit potenziell konkurrierender Ziele reduziert (Zielabschirmung [engl. goal shielding]). Neben kogn. Aktivierung werden in Zielsystemen auch andere Eigenschaften übertragen. Dazu zählt zum einen die Zielbindung: Ist ein Ziel einer Person sehr wichtig, besitzen auch die Mittel zur Verfolgung des Ziels einen höheren subj. Wert. Dies gilt umso mehr, je weniger alternative Mittel es zu diesem Ziel gibt. Die Zielbindung überträgt sich dabei umso mehr auf einzelne Mittel, je weniger dieses Mittel sie sich mit anderen konkurrierenden, assoziierten Mitteln «teilen» muss. Auch Emotionen werden innerhalb von Zielsystemen übertragen: Emotionen, die mit der Zielerreichung assoziiert werden, färben auch affektiv das Erleben der Mittel der Zielverfolgung. Z. B. geht die Verfolgung von Vermeidungszielen (Vermeidungs-Leistungsziel), mit denen Personen neg. Konsequenzen verhindern wollen, auch eher mit dem Erleben vermeidungsrelevanter Emotionen wie z. B. Erleichterung oder Anspannung einher. Die Verfolgung von Annäherungszielen (Annäherungs-Leistungsziel), mit denen Personen pos. Konsequenzen anstreben, geht hingegen eher mit dem Erleben annäherungsorientierter Emotionen wie z. B. Stolz oder Enttäuschung einher. Zielfokus, Prozessfokus und Ergebnisfokus.

Referenzen und vertiefende Literatur

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