Telegrammstil
[engl. telegraphic style; gr. τῆλε (tele) fern, γράφειν (graphein) schreiben], [EW, KOG], das Weglassen von nebensächlicher (z. B. konnotativer, Konnotation) Information, das Vermeiden von Redundanz in der Formulierung sowie die kostensparende Verringerung der Wortanzahl in sprachlichen Mitteilungen (Weizsäcker, 1959). Ausgelassen, oder wenigstens mit einem Inhaltswort vereinigt, werden Funktionswörter; dagegen bleiben die – als Morpheme in Worteinheiten eingebundenen – Flexionsendungen erhalten, und morphematische Veränderungen werden ausgeführt (z. B. eintrafen statt wir trafen ein). Bez. für Dysgrammatismus bei Aphasien (Aphasie) sowie für unvollkommenes Sprachvermögen bei Oligophrenie. Die ersten Zwei- und Mehrwortäußerungen in der normalen kindlichen Sprachentwicklung wurden ebenfalls als Telegrammstil (telegraphic speech) bez. (Brown & Fraser, 1963, Brown & Bellugi, 1964). Bei Untersuchungen zum Nachsprechen einfacher Sätze hatten die Kinder die Reihenfolge der Wörter beibehalten, die Funktionswörter aber ausgelassen (daher Telegrammstil); im Unterschied zum Telegrammstil der ungestörten Sprachproduktion bei Erwachsenen fehlten jedoch hier (wie auch bei dem dysphatischen Telegrammstil) die Flexionen. Spätere Modifikationen dieser Bez. durch Brown (1973) unter Berücksichtigung auch der spontanen Sprachäußerungen: Selbst auf dieser frühen Stufe der kindlichen Sprachentwicklung fehlen Funktionswörter nicht gänzlich. Nur einige von ihnen erscheinen nicht, andere treten in häufigen Redewendungen gelegentlich mit auf, und eine dritte Gruppe wird offenbar «voll kontrolliert» eingesetzt. Dieses unterschiedliche Auftreten der sog. Funktionswörter wird unter Anwendung einer rich interpretation (Holophrase) in Zusammenhang gebracht mit deren sehr unterschiedlicher Ausdrucksfunktion (z. B. werden Funktionen, die nur eine semantische Modifikation wie etwa den Plural bez., eher ausgelassen als solche, die eine semantische Relation wie etwa Verschwinden oder Wiederauftauchen eines Gegenstandes ausdrücken). Aber auch vom unterschiedlichen Hervorstechen der Klangbilder von Funktoren im Prozess der Sprachrezeption des Kindes scheint deren Verwendung abzuhängen; z. B. treten volle und betonte Silben wie etwa engl. there (milk) häufiger auf als die in die rhythmische Einheit anderer Silben einbezogenen Formen wie etwa is in there i(s) milk.