Schlaf

 

[engl. sleep], [BIO], ein gewöhnlich periodisch auftretender, der Erholung dienender Zustand der Ruhe und des Sich-Abschließens von der Umwelt unter Herabsetzung oder Aufhebung des Tagesbewusstseins und der willkürlichen Bewegung (Motorik). Man unterscheidet heute zumindest zwei Formen des Schlafes: den orthodoxen (Non-REM-Schlaf, traumloser Schlaf) und den paradoxen oder REM-Schlaf (engl. rapid-eye-movement schnelle Augenbewegungen). Polyphasischer Schlaf heißt der typische Schlafrhythmus im Neugeborenen- bis Vorschulalter mit mehr als einer Schlafphase pro 24 Std. mit mittäglichen Nickerchen (naps).

Der normale Schlafrhythmus des Erwachsenen ist biphasisch. Diese Schlafphasen, wie auch die vier bzw. fünf Stadien der Schlaftiefe (Abb. 1), lassen sich mittels der Schlaf-Elektroenzephalografie einschließlich weiterer Ableitungen wie EOG, EMS (Polysomnographie) unterscheiden und bestimmen, ohne den Schläfer zu wecken. Jeder reguläre Schlaf beginnt mit orthodoxem Schlaf geringer Schlaftiefe und führt nach spätestens 50 Min. zum ersten und meist längsten (20–30 Min.) Tiefschlafstadium (Abb. 2). Im orthodoxen Tief-Schlaf sind die meisten Körperfunktionen herabgesetzt: reduzierte Herzfrequenz und Atemfrequenz, verengte Pupille (Miose) als Zeichen des verminderten sympathischen und vermehrten parasympathischen Tonus (Nervensystem). Die mit dem Auftreten der Delta-Wellen (Elektrodiagnostik, Enzephalografie) im Tiefschlafstadium korrelierte Erhöhung des Wachstumshormonspiegels im Blutplasma weist auf eine mögliche Rolle des orthodoxen Schlafes beim (Wieder-)Aufbau (vermehrte mitotische Zellteilungen) und der Geweberestituierung hin. Auch die Verlängerung des Non-REM-Schlafes nach körperlichen Anstrengungen weist auf den restitutiven Charakter dieser Schlafphase hin. Der REM-Schlaf zeigt bei praktisch vollst. Erlöschen des Muskeltonus, auch bei Untertemperaturen kein Kältezittern mehr) eine stärkere Aktivierung: Herzfrequenz, Blutdruck wie auch Atemfrequenz steigen an und werden unruhiger. Die Gesamthirndurchblutung, die sich im Non-REM kaum ändert, nimmt nach autoradiografischen Untersuchungen (Katze) beim Übergang zum REM-Schlaf um etwa 200% zu.

Die REM-Phasen werden gewöhnlich mit kurzer EMG-Aktivität (Elektromyogramm (EMG), Bewegung) eingeleitet. Das EEG zeigt schnelle Wellen niederer Amplitude, und die Aktivität einzeln gemessener Neurone der Hirnrinde zeigt mind. ebenso hohe, teils etwas höhere mittlere Entladungsfrequenzen wie im aktiven Wachzustand. Die (unter geschlossenen Augen) auftretenden horizontalen und vertikalen konjugierten raschen Augenbewegungen, die eine Unterteilung des REM-Schlafes in einen tonischen und einen phasischen Anteil zulassen, zeigen oft Übereinstimmungen mit dem Trauminhalt, der im REM-Schlaf (Traum-Schlaf) seinen höchsten Grad an Organisiertheit, Emotionalität und Dramatik erhält. Die nach selektiven REM-Schlaf-Entzug (durch gezieltes Wecken) beobachteten psych. Störungen (Hyperphagie, neurotische Reizbarkeit, Gedächtnislücken u. a.) lassen sich zurzeit noch nicht mit Sicherheit auf den intendierten «Traumentzug» zurückführen. Dem REM-Schlaf wird heute eine wesentliche Bedeutung für die Konsolidierung (und Umschichtung) von Gedächtnisinhalten zugesprochen, die wir vermutlich als Traum miterleben. Während oder kurz nach dem REM-Schlaf geweckt, können wir über Träume berichten, die bereits nach 30 Minuten nachfolgendem Non-REM-Schlaf, der die Konsolidierung zu hemmen scheint, nur noch in 8.9% der Fälle erinnert werden können. Die i. d. R. 4–6 REM-Schlafphasen einer Nacht nehmen gegen Schlafende an Länge zu. Ihr zeitlicher Anteil am Gesamts. beträgt bei Neugeborenen etwa 50%, bei über 80 Jahren etwa 14%. Schlafwandeln (Somnambulismus), das insbes. bei Adoleszenten vorkommt, tritt entgegen der früheren Ansicht, dass dies ein «somatisierter Traum» sei, nur im Stadium 3 und 4 (Tiefs.) auf. Entsprechendes gilt für das Bettnässen beim Kind (Enuresis nocturna, Ausscheidungsstörungen) sowie das Sprechen im Schlaf (somniloquie) oder die Nachtangst der Kinder (Pavor nocturnus), die ebenfalls hauptsächlich im Stadium 4 auftritt.

Nach den neueren «aktiven Schlaftheorien», die auf dem exp. Nachweis gründen, dass der Schlaf-Wach-Rhythmus von versch. Strukturen im Brückenhirn und verlängertem Mark gesteuert wird, ist der Schlaf ein vom ZNS aktiv induzierter Vorgang. Zu den unspezif. Hemmungsstrukturen, die sowohl indirekt hemmend auf das ARAS in der Formatio reticularis als auch direkt synchronisierend auf den Kortex wirken, gehören: Der Nucleus raphé, der durch Freisetzung des Monoamins Serotonin (5-HT) den Schlaf langsamer Wellen (orthodoxer Schlaf) einleitet; der Nucleus caerulus, von dessen Aktivität (Freisetzung von Noradrenalin der Übergang zum paradoxen Schlaf abhängig ist; ferner der vordere Hypothalamus sowie der orbitale Frontalkortex. Die Wirksamkeit solcher «hypnogener» Systeme wurde durch ihre elektrische Stimulation belegt, die bei best. Reizparametern (3–7 Pulse/s im medialen Thalamus) normales Schlafverhalten auslösen. Schlaf, Erholungstheorie, Schlafregulation, Zweiprozessmodell, Schlafregulation, reziprokes Interaktionsmodell.

 

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Schlaf, Abb. 2: Unsere Schlafenszeit gliedert sich in etwa drei bis fünf periodische Wechsel der Schlaftiefe, die zumeist mit einer REM-Phase abschließen. Die Dauer einer jeden Phase beträgt etwa 90 Min.
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Schlaf, Abb. 1: Wie im Wachen, so bestehen auch im Schlaf regelmäßige Beziehungen zw. dem Aktivitätszustand des Gehirns – wie er sich im Elektroenzephalogramm zeigt – und dem psych. Erleben. Die Nervenzellen des Gehirns sind auch während des Schlafs aktiv. Ein «Abschalten» gibt es nicht.

Referenzen und vertiefende Literatur

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