Risikokommunikation, kognitionspsychologisch

 

[engl. risk communication, cognitive], [KOG, SOZ], ist ein Aspekt der Risikokompetenz. Es geht dabei um die Art und Weise der Vermittlung von Risiken, etwa von Therapeut zu Pat., Bankberater zum Kunden oder Regierung zur Öffentlichkeit. Die Kommunikation von Risiken ist von der Messung oder Schätzung der Risiken zu unterscheiden; letztere geht ersterer voraus. Risiken können bekannt sein, wie bei einem Krebs-Screening, oder unbekannt sein, wie im Fall eines neuen Grippevirus. Bekannte Risiken lassen sich in stat. Information fassen, die jedoch mehr oder weniger transparent kommuniziert werden kann. Dies gilt für die Kommunikation von Risiken und deren Veränderung wie auch der Schlussfolgerung mit der Regel von Bayes. Die Darstellung eines Risikos durch eine Einzelfall-Wahrscheinlichkeit ist potenziell irreführend, eine relative Häufigkeiten wird dagegen meistens verstanden. Die Aussage «Morgen regnet es mit einer Wahrscheinlichkeit von 30 %» ist eine Einzelfall-Wahrscheinlichkeit (denn morgen regnet es entweder oder nicht). Bei dieser Aussage wird aber nicht kommuniziert, auf welche Referenzklasse sich die 30 % beziehen. Bei Studien dachten einige Teilnehmer, dass es am nächsten Tag in 30 % der Zeit regnen würde, andere dagegen, dass es in 30 % der Gegend regnen sollte. Gemeint ist aber, dass es an 30 % der Tage regnet, für die diese Vorhersage aufgrund best. meteorologischer Bedingungen gemacht wird. Nur wenn man die Referenzklasse benennt, wie es in den letzten drei Aussagen mit relativen Häufigkeiten geschieht, verstehen die meisten Befragten, was gemeint ist.

Auch die Veränderung eines Risikos kann entsprechend transparent oder irreführend kommuniziert werden. Wenn ein Medikament ein best. Risiko (z. B. Tod durch Schlaganfall) von 2 in je 100 Personen (die das Medikament nicht nehmen) auf 1 in 100 Personen (die das Medikament nehmen) reduziert, beträgt die absolute Risikoreduktion 1 in 100. Die Werbung kommuniziert diesen Nutzen jedoch meist als eine relative Risikoreduktion (Relatives Risiko) von 50 %. Relative Zahlen suggerieren schnell unbegründete Hoffnungen oder auch Ängste, wenn es sich um einen Risikoanstieg handelt. Von «Doppelzüngigkeit» (mismatched framing) spricht man, wenn der Nutzen des Medikaments in relativen Risiken (50 % Reduktion), aber der Schaden in absoluten Risiken (1 % Erhöhung) kommuniziert wird. Emotionen und Konsumentenverhalten lassen sich durch die Form der kognitionspsychologische Risikokommunikation steuern.

Die Regel von Bayes (Bayes-Theorem) beschreibt, wie die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses (z. B. die A-priori-Wahrscheinlichkeit von Krebs) aufgrund neuer Information (positiver Screeningtest) in die A-posteriori-Wahrscheinlichkeit von Krebs transformiert wird. Wird die relevante Information in bedingten Wahrscheinlichkeiten (Sensitivität, Spezifität) kommuniziert, dann haben die meisten Laien, aber auch Experten wie Ärzte und Richter Probleme, die Antwort zu finden und zu verstehen. Wird die gleiche Information aber in natürlichen Häufigkeiten vermittelt, dann wird die Kommunikation wesentlich verbessert. Der Grund liegt darin, dass natürliche Häufigkeiten die bayesianischen Berechnungen vereinfachen. Das aus der Ps. stammende Konzept der natürlichen Häufigkeiten gehört heute zum Standardrepertoire der evidenzbasierten Med. (Evidenzbasierung, evidenzbasierte Behandlung). Risiken können auch durch bildliche Darstellungen (Bildstatistik, Piktogramm) statt durch Zahlen kommuniziert werden. In der ersten Hälfte des 20. Jhd. entwickelte Otto Neurath eine Bildersprache (Isotype), um bildungsferne Schichten der Gesellschaft zu erreichen. Heute werden Baumdiagramme und computergestützte, interaktive Visualisierungen verwendet. Kognitionspsychologische Risikokommunikation ist ein expandierendes Anwendungsgebiet der Ps., das insbes. für die Gesundheitsversorgung (Gesundheit), das Finanzsystem und die Rechtsprechung relevant ist und dort zur Verbesserung der Kommunikation und zur Verringerung diagn. Fehlurteile beitragen kann.

Referenzen und vertiefende Literatur

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