qualitative Fallauswahl

 

[engl. qualitative case selection], [FSE], die Ausgangslogik der qualitativen Fallauswahl ist, dass Qualitative Sozialforschung andere Erkenntnisziele verfolgt als die standardisierte, d. h. quantifizierende Sozialforschung: Es sollen nicht soziale Phänomene hinsichtlich ihrer Verteilungsstrukturen und stat. Kausalzusammenhänge erforscht werden, wofür im Hinblick auf die Validität der Ergebnisse (induktiv-)stat. Verfahren des Samplings, der Datenerhebung und Auswertung erforderlich sind (Stichprobe). Es sollen vielmehr soziale Phänomene hinsichtlich der qual. Struktur ihrer Sinnhaftigkeit und ihrer sozialen Entstehungsprozesse umfassend beschrieben und verstehend erklärt werden. Dies stellt einen fallverstehenden Ansatz dar, der das Ziel hat, sozialen Sinn hinsichtlich seiner qual. Muster, seiner symbolischen Gestalthaftigkeit valide zu erfassen – ein Grundansatz, der insbes. in der Wissenssoziologie von Karl Mannheim exemplarisch deutlich wird (s. hierzu auch Dokumentarische Methode). In der qual. Sozialforschung wird also nicht mit großen Stichproben gearbeitet, die zudem meistens über stat. Verfahren generiert werden (Zufallsstichprobe), da in Anlehnung an die Unterscheidung von quant. und qual. Induktion bzw. Induktionsschlusslogik von Charles S. Peirce der qual. Sozialforschung eben nicht eine quantifizierende Logik der Erkenntnisziele zugrunde liegt (Kruse, 2013). Dies hat zur Folge, dass mit einer bewussten Fallauswahl gearbeitet wird, die über versch. theoret. angeleitete und reflektierte qualitative Rekrutierungsverfahren gebildet wird. Um jedoch die Validität der empirischen Analysen zu gewährleisten, muss die qualitative Fallauswahl einem Grundprinzip folgen: dem der Kontrastierung, d. h. der max. oder auch min. strukturellen Variation der qualitativen Fallauswahl, um so der Heterogenität des Feldes gerecht zu werden (Kleining, 1982; Strauss & Corbin, 1996; Merkens, 2003). Der Gedanke dahinter ist, dass die rekonstruierten gemeinsamen Muster innerhalb des Phänomenbereichs eine höhere Aussagekraft besitzen, wenn stark unterschiedliche Fälle im Sample aufgenommen worden sind (max. Kontrastierung), die damit zu Repräsentanten versch. sozialer Lagerungen werden (Kelle & Kluge, 1999). Die min. Kontrastierung verfolgt in umgekehrter Weise die Frage, ob die rekonstruierten Muster tatsächlich stabil bleiben, auch wenn sehr ähnliche Fälle verarbeitet werden, oder ob sich trotz der starken Ähnlichkeit der Fälle im Hinblick auf die verfolgten sozialen Phänomene Binnendifferenzen zeigen. Damit geht es insges. in der qual. Fallauswahl nicht um stat. Repräsentativität (repräsentativ), sondern um qual. Repräsentation. Die Kontrastierung der Fälle innerhalb der qualitativen Fallauswahl kann dabei über die theoretisch angeleitete Vorabfestlegung der zu kontrastierenden Merkmale vollzogen werden. Dieser Ansatz ist jedoch nicht unproblematisch, da implizite Vorurteile darüber, welche Merkmale Fälle unterschiedlich machen, einfach nur reifiziert werden. Diese Kritik eröffnet die Idee des theoretical sampling aus der Grounded Theory Methodology (Strauss & Corbin, 1996), in der die Kontrastierung von Merkmalen in Hinblick auf die Variation der untersuchten Fälle in iterierender Weise in den gesamten Forschungsprozess verlagert wird, um so die Sampling-Entscheidungen stärker an das empirische Material zurückzubinden; das qual. Sample entwickelt sich in diesem Ansatz also erst sukzessiv im Forschungsprozess und wird nicht vorab def.

Referenzen und vertiefende Literatur

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