objektiver Test, klassische Verfahren

 

[engl. objective personality test], [DIA, PER], objektiver Persönlichkeitstests; nach Cattell (1957) bzw. Scheier (1958) ein Test, der so konzipiert ist, dass Testvorlage und Testantwort keine Verfälschung durch den Pb zulassen. Es wird das unmittelbare Verhalten in einer standardisierten Situation erfasst, wobei, im Ggs. zu den Fragebogenverfahren, der Pb sich i. d. R. nicht selbst beurteilen muss. Wie Schmidt (1975) erwähnt, haben diese Messverfahren keine mit der Messintention übereinstimmende Augenscheinvalidität (face validity), müssen aber wie die übrigen Tests die üblichen Gütekriterien aufweisen. Da die Objektivität innerhalb der klassischen Testtheorie ein Testgütekriterium darstellt, ist die Bez. obj. Test von Cattell nicht sehr gut gewählt worden und führt häufig zu Missverständnissen. Innerhalb der Cattell’schen Terminologie taucht diese Überschneidung nicht auf, da Cattell für die Auswerteobjektivität den Begriff conspective benutzt. Diese terminologischen Überschneidungen haben manche Autoren veranlasst, obj.Tests anders zu benennen. So hat z. B. Cronbach (1970) für obj. Tests den Begriff performance tests of personality vorgeschlagen, weil bei den obj. Tests Leistungswerte persönlichkeitsspezif. ausgewertet werden.

Wie Fahrenberg (1971) darstellt, hat die Persönlichkeitsforschung auf der Grundlage der obj. Testmessung bereits mit Kraepelin begonnen. In standardisierter Form wurden obj. Tests in den Untersuchungen von Hartshorne et al. (1929) zur situationsbedingten Ausprägung von «Charaktereigenschaften» (wie z. B. Ehrlichkeit, Ausdauer; Charakter) angewendet. Im dt. Sprachraum hat die exp. Typenforschung (typologische Tests), v. a. Kretschmer und Jaensch, obj. Tests in größerem Umfange für diagn. Zwecke eingesetzt. Psychomotorisches Tempo, Hautwiderstand, Schreibdruckregistrierung, motorische Leistungsprüfungen, Wahrnehmungsexperimente und andere Versuchsanordnungen wurden entwickelt. Da diese Verfahren mit dem sehr eingeschränkten Ziel innerhalb der Typenforschung angewandt und Testgütekriterien zur Beurteilung ihrer Testgütequalitäten kaum erhoben wurden, hat die Entwicklung der obj. Tests innerhalb der Typenforschung wenig zur weiteren Verbreitung dieser Tests beitragen können. Anregung für die Verwendung von exp. Versuchsanordnungen kamen auch aus der Allgemeinen Ps. Wahrnehmungsversuche (Akkommodation, Adaptation, figurale Nacheffekte, Figurerkennen u. a.; Wahrnehmung), Lernexperimente (Konditionierungsversuche u. a.) sowie psychomotorische Tests (tapping Tapping-Aufgabe, dotting, aiming) wurden zur Messung interindiv. Unterschiede herangezogen. Mit dem Ziel der Erstellung einer umfassenden Persönlichkeitstheorie unter Einbeziehung der gesamten Persönlichkeitssphäre hat R. B. Cattell diese Ansätze aufgegriffen, erweitert und mit multivariaten stat. Methoden, hauptsächlich der Faktorenanalyse, verbunden (Persönlichkeit, klassische faktorenanalytische Ansätze).

Cattell und Mitarbeiter haben viele hundert solcher Tests konstruiert, von denen 412 zu häufiger Anwendung gekommen sind. Die faktorenanalyt. Auswertung dieser T-Daten führte bei Cattell zu 21 Unique-Intelligence-Faktoren (U.I.), die in unterschiedlichen Untersuchungen identifiziert werden konnten. In der HSOA-Batterie (Schuerger-Cattell) sind 10 solcher U.I.-Faktoren und die dazu gehörenden obj. Tests zu einer Testbatterie zus.gefasst. Im dt. Sprachraum existiert die obj. Testbatterie, die in einer Vorform 50 obj. Tests beinhaltet. Für die Angstmessung hat Cattell ebenfalls eine obj. Testbatterie vorgelegt. Die damit gemessene Angst entspricht derjenigen, die im klin. Bereich diagnostiziert wird. Für den Bereich der Messung von Motivdimensionen hat Cattell einen Motivationstest für Erwachsene (Motivation Analysis Test nach Cattell; MAT/D) und den School Motivation Analysis Test für Kinder entwickelt.

Bei den Messoperationen, die Eysenck seiner Persönlichkeitstheorie zugrunde legt, haben die obj. Tests eine wichtige Bedeutung. Allerdings hat Eysenck nicht versucht, standardisierte Testbatterien zu entwickeln, sondern hauptsächlich sprachfreie Handlungstests als Laboratoriumsexperimente eingeführt. Die Experimente werden vorwiegend im Bereich des Lernens, der Wahrnehmung und der Psychomotorik durchgeführt. Als Messvariablen der Wahrnehmung hat Eysenck z. B. die Dunkeladaptation gewählt. Bei seinen Lern- bzw. Konditionierungsversuchen wird sowohl verbales Material gelernt als auch z. B. Lidschlagreflex registriert. Als psychomotorischer Test ist bei Eysenck der pursuit rotor zum Nachweis der Hemmung eingesetzt worden. Außerhalb faktorenanalyt. Persönlichkeitsansätze wurden obj. Tests für differenzielle Zwecke ebenfalls als Wahrnehmungsexperimente, psychomotorische Versuche und Lernexperimente konzipiert. Mit Versuchsanordnungen für den figuralen Nacheffekt (figurale Nachwirkung) und dem autokinetischen Phänomen wurde an gestaltpsychol. und sozialpsychol. Fragestellungen angeknüpft.

Die Transparenz der Messintention ist, nachdem sich die bisherigen Versuche ihrer Verdeckung eher als nicht sehr erfolgreich herausgestellt haben, nach wie vor für die Psychol. Diagnostik eine kaum beherrschbare Fehlerquelle bei der Vorhersage zukünftigen Verhaltens. Auf der Suche nach einem nicht durchschaubaren Messprinzip wurden Befunde aus der exp. Kognitions- und Einstellungsforschung erprobt. Es handelt sich dabei um sog. implizite Verfahren. Bei solchen Methoden werden Differenzen von Reaktionszeiten auf «kritische» und «neutrale» Stimuli als individualpsychol. interpretierbare Indikatoren für persönlichkeitsrelevante Konstrukte herangezogen. Auf diesem Testprinzip basiert der Implizite Assoziationstest (IAT), der eigentlich für implizite Einstellungen und Vorurteile gegenüber Afroamerikanern entwickelt wurde. Der Vorteil dieses Reaktionszeit-Differenz-Paradigmas ist, dass es bei unterschiedlichen Persönlichkeitskonstrukten (z. B. Ängstlichkeit, Aggressivität) als inhaltsneutrale Messtechnik eingesetzt werden kann.

Versucht man, das allg. Prinzip der obj. Tests in einer allen Verfahren zugrunde liegenden Intention zus.zufassen, so vermeidet der in der Literatur vorgeschlagene Begriff indirekte Verfahren die Überschneidung mit Termini, die bereits eine festgelegte meth. Bedeutung haben.

Referenzen und vertiefende Literatur

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