Late Talker

 

[engl.] «Spätsprecher», [EW, KOG], Kinder ohne Primärbeeinträchtigungen bei ansonsten altersgerechtem Entwicklungsstand, die bis zum Ende des 2. Lebensjahres weniger als 50 Wörter sprechen (50-Wörter-Marke), wenige oder keine Wortkombinationen produzieren und deren Sprachentwicklung bis zum 3. Geburtstag verlangsamt (verzögert) verläuft (etwa 15% aller Kinder). Vor dem 18. Lebensmonat ist von einer Klassifizierung abzusehen. Ein produktiver (expressiver) Wortschatzumfang von unter 50 Wörtern oder das Ausbleiben von Wortkombinationen bei 2-Jährigen erlaubt eine zuverlässige Identifikation von Sprachentwicklungsverzögerungen (Rescorla, 1989). Das ist wichtig, denn Kinder, die mit 24 Monaten noch keine Zweiwortkombinationen bilden, haben ein signifikant höheres Risiko für die Ausbildung einer späteren Sprachentwicklungsstörung als Kinder, die diesen Meilenstein zeitgerecht erreichen (Rudolph & Leonard, 2016). Gemäß unterschiedlicher Studien holen zw. 35 und 50 % der Late Talker ihren Rückstand bis zum 3. Geburtstag ohne spezif. Förderung auf (Late Bloomer = Spätzünder), die indiv. Sprachleistungen im weiteren Verlauf aber nicht selten im unteren Normbereich verbleiben. Als prognostisch bedeutsam haben sich nonverbale kogn. Fähigkeiten, Wortverständnis, Sprachproduktion, insbes. der Wortschatzumfang, die Schulbildung des Vaters sowie die Teilnahme der Mutter an einem Interaktionstraining erwiesen (Buschmann & Neubauer, 2012). Auch eine scheinbare Normalisierung von Late Talkern mit erneuten Problemen im Vorschulalter ist möglich. (Ehemalige) Late Talker zeigen im Grundschulalter in vielen Sprachmaßen signifikant niedrigere Leistungen im Vergleich zu Kindern mit normalem Sprechbeginn (Rescorla, 2015; Sachse, 2015) und erfüllen die diagnostischen Kriterien einer spezifischen (umschriebenen Sprachentwicklungsstörung. Zur Früherkennung von Late Talkern wird ein sprachdiagnostisches Screening in Gestalt von standardisierten Elternfragebögen mit einer sprachproduktiven Wortschatzliste und Fragen zum Gebrauch von Wortkombinationen eingesetzt, z. B. Elternfragebogen zur Wortschatzentwicklung im frühen Kindesalter: Eltern Antworten – Revision (ELAN-R); Elternfragebögen für die Früherkennung von Risikokindern (ELFRA); Fragebogen zur frühkindlichen Sprachentwicklung (FRAKIS; FRAKIS-K); Sprachbeurteilung durch Eltern Kurztest (SBE-2-KT). Liegt der produktive Wortschatz hiernach unter einem Cut-Off von PR 16 bzw. PR 10 gilt das als Bestätigung für einen Late Talker. Die genannten Untersuchungsinstrumente unterscheiden sich hinsichtlich ihres theoret. Konzepts, der Breite des Altersanwendungsbereichs sowie des Umfangs ihrer Wortlisten. Je mehr Wörter erfragt werden, desto näher liegt der ermittelte Wert am tatsächlichen Gesamtwortschatz. Bei auffälligem Ergebnis ist eine weitere, insbes. pädaudiologische (Pädaudiologie) Diagnostik erforderlich, aber auch entwicklungspsychol. Sprachdiagnostik mit dem Sprachenentwicklungstest für zweijährige Kinder (SETK-2).  Auch ist evtl. eine Testung sprachfreier Fähigkeiten zum Ausschluss einer komplexen Entwicklungsstörung in Erwägung zu ziehen. Maßnahmen zur Frühintervention beiLate Talkern (sprachentwicklungsverzögerten Kindern) sind kindzentriert (Schlesiger, 2009) – wenngleich Elternarbeit stets ein obligatorischer Kernaspekt ist – oder mehr eltern- bzw. erzieherzentriert (Buschmann, 2011, 2015; Möller et al., 2009; Roberts & Kaiser, 2015) und deren Wirksamkeit positiv beurteilt wird (Hachul, 2013). In primär kindzentrierten Ansätzen arbeiten Sprachtherapeuten direkt mit dem Kind, wohingegen sich die Intervention in primär elternzentrierten Ansätzen vorrangig an die Eltern richtet, die das erlernte verbesserte Kommunikationsverhalten (wie Herstellung eines gemeinsamen Aufmerksamkeitsfokus, Erlernen eines angemessenen Turn-Taking (Sprecherwechsel)-Verhaltens, responsives Eingehen auf die Kommunikationsangebote des Kindes, sinnvolles korrektives Feedback)beiihren Kindern einsetzen sollen. Allerdings werden Elterntrainings nicht von allen Eltern gleichermaßen angenommen und umgesetzt. Mögliche Nachteile kindzentrierter Verfahren können ein Belastungsempfinden des Kindes oder der Eltern aufgrund der Frühintervention sein. Für weitere Information wird auf Kap. 2 der online abrufbaren interdisziplinären S3-Leitlinie «Therapie von Sprachentwicklungsstörungen» (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften = AWMF, Registernr.: 049-015) verwiesen.

Referenzen und vertiefende Literatur

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