Konzentration, Diagnostik

 

[engl. concentration, diagnostics], [DIA, KOG], Konzentration, Konzentrationsprobleme verlangen eine sorgfältige Diagnostik der Bedingungen, unter denen die Konzentrationsstörungen auftreten, denn sehr oft ist nicht die grundlegende Konzentrationsfähigkeit gestört, sondern eine Fülle verschiedenster Bedingungen kann in Konzentrationsmängeln resultieren. Konzentration ist einerseits ein Zustand, der durch eine Fülle von (Umgebungs-, Organismus-, kogn., emot., motivationalen, sozialen) Bedingungen beeinflusst wird, und anderseits das Persönlichkeitsmerkmal Konzentration (i. S. von Konzentrationsfähigkeit). Dieses besteht aus zwei Facetten, die man messen und zur Verhaltensvorhersage nutzen kann: 1. dem Tempo konzentrierten Arbeitens (z. B. Anzahl der bearbeiteten Aufgaben pro Zeiteinheit) und 2. der Neigung zu Konzentrationsfehlern (prozentualer Fehleranteil; F%). Konzentrationstests (z. B. d2-Test) verlangen die absichtsvolle Bearbeitung kogn. relativ einfacher Aufgaben und nicht bes. Wahrnehmungs- oder Aufmerksamkeitsleistungen, bes. Gedächtnis- oder Lernleistungen, bes. Kenntnisse oder Fähigkeiten, Intelligenz- oder Kreativitätsleistungen. Ein bes. Merkmal aller Konzentrationstests ist die Tatsache, dass die wiederholte Durchführung zu großen Übungsgewinnen beim Tempo konzentrierten Arbeitens führt, auch zu etwas weniger Konzentrationsfehlern. Diese Übungsgewinne bleiben über Wochen und Monate erhalten, verschwinden aber im Laufe der Zeit wieder, wenn nicht wieder geübt wird. Diese Übungsgewinne beziehen sich nur auf das Geübte, aber sie übertragen sich nicht auf andere Tätigkeiten. Experimentell fanden sich keine Transfereffekte von Durchstreich- auf Rechenkonzentrationstests und umgekehrt. Es gibt keine Konzentrationstrainings mit nachgewiesenen Transfereffekten.

Konzentrationstests allein helfen i. d. R. nicht, die störenden Bedingungen zu identifizieren, denn Konzentrationstests finden unter für die Konzentration optimalen Bedingungen statt, in denen alle sonst störenden Bedingungen ausgeschaltet werden, weil man nur so das Persönlichkeitsmerkmal Konzentration mit seinen Facetten messen kann. Die EOD-Verhaltensgleichung V = fI (U,O,K,E,M,S) ist eine Heuristik, die dem Diagnostiker hilft, möglichst alle Bedingungen zu prüfen, die zu Konzentrationsstörungen führen können: Umgebungsbedingungen (U) wie Geräusche und Unterbrechungen von außen können ebenso wie Bedingungen des Organismus (O), z. B. falsche Ernährung, fehlender Schlaf, mangelnde Bewegung, zu wenig Sauerstoff, Medikamente, Drogen, Krankheiten oder Schmerzen, Konzentrationsmängel bedingen. Kognitive Bedingungen (K) wie intellektuelle Unter- oder Überforderung können Kontentationsstörungen bedingen. Von besonderer Bedeutung ist der indiv. Arbeitsstil, also die gewohnheitsmäßige Art zu arbeiten, sowie die eingesetzten Arbeitstechniken und Arbeitsbedingungen. Hierbei ist z. B. Abwechslung zu berücksichtigen, denn Monotonie ist eine Bedingung, die nach etwa 20 Min. zum Vigilanzabfall führen kann. Psychische Sättigung kann durch angemessene Pausenverteilung und Pausengestaltung vermieden werden und so die Konzentration erhalten werden. Von außen erzwungene Unterbrechungen bedingen oft Konzentrationsstörungen in Form von Fehlhandlungen und mangelnder Produktivität. Emotionale Bedingungen (E), die zu Konzentrationsstörungen führen können, sind intensive Gefühle wie Liebe, Hass, Wut, Angst, Ärger oder Schuld. Eine geringe emotionale Stabilität kann ebenso wie unpassende Arten des Umgangs mit emotionalen Belastungen unter best. situativen Bedingungen zu Konzentrationsstörungen führen. Für eine solche Wechselwirkung (Interaktion) steht das Subskript I in der EOD-Verhaltensgleichung. Motivationale Bedingungen (M), die sich auf das konzentrierte Arbeiten auswirken, sind die verfolgten Ziele, Wünsche und Absichten oder das Bestreben, best. Werte zu erhalten. Erwartungen und Überzeugungen gehören zu den handlungsleitenden Kognitionen, die für das konzentrierte Arbeiten förderlich oder hinderlich sein können. Lernen am Erfolg bzw. Misserfolg können ebenso wie Lernen am Modell zu mehr oder weniger konzentriertem Verhalten beitragen. Nicht zuletzt ist ein gesteigertes Interesse an einer Tätigkeit konzentrationsfördernd, ein vermindertes Interesse hingegen kann zu Verhaltensweisen führen, die wie Konzentrationsstörungen aussehen. Soziale Bedingungen (S) wie Normen, Pflichten, Verpflichtungen und Einstellungen können das konzentrierte Arbeiten nachhaltig beeinflussen. Bedeutsame Andere wie Familienmitglieder, best. Gleichaltrige, Gruppenmitglieder oder allg. Personen, die für den Einzelnen von besonderer Bedeutung sind, können durch ihren direkten oder indirekten Einfluss Verhaltensweisen fördern, die für ungeschulte Beobachter wie Konzentrationsstörungen aussehen. Tritt eine Verhaltensweise nur in einer Klasse von Situationen auf, z. B. Rechenaufgaben, dann handelt es sich nicht um eine Störung der Konzentrationsfähigkeit. Diese liegt nur dann vor, wenn situationsübergreifend Konzentrationsprobleme zu beobachten sind.

Referenzen und vertiefende Literatur

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