Konsolidierung

 

[engl. consolidation; lat. con- zusammen, solidare festigen, zusammenfügen], [BIO, KOG], Gedächtnis wird als zeitabhängiger Prozess verstanden, der mit der (sensorischen) Aufnahme und Einspeicherung (Wahrnehmung, Encodierung von Information beginnt, sich dann mit der weiteren Festigung – Konsolidierung genannt – fortsetzt und in die Abspeicherung oder Ablagerung mündet. Über den Abruf wird demonstriert, was erfolgreich gespeichert worden ist. Der Prozess der Gedächtniskonsolidierung ist recht komplex und vielschichtig und vor allem in seiner Dauer umstritten. Rein auf neuronaler Ebene wird angenommen, dass hierbei bes. Strukturen des limbischen Systems (Papez’scher Schaltkreis) und des Neokortex (Hirnrinde) involviert sind. Auf der Ebene einzelner Nervenzellen kann es zu Änderungen in der Genexpression, zu Stoffwechseländerungen und zu strukturell-morphologischen Änderungen kommen. Auf Verhaltensebene wird heutzutage angenommen, dass insbes. Schlaf der Gedächtniskonsolidierung förderlich ist, wobei unterschiedliche Gedächtnissysteme mit unterschiedlichen Schlafphasen (REM-Schlaf, Slow-wave- oder Non-REM-Schlaf) gekoppelt sind. Biochemische Substanzen (z. B. Pharmaka, Drogen) können den Prozess der Konsolidierung fördern oder stören.

Die Dauer der Gedächtniskonsolidierung hängt offensichtlich vom gelernten Material (Lernmaterial, Lernen) und von der jew. Tierart (und deren Lebensdauer) ab. Für manche Lernvorgänge wird von einer Dauer der Konsolidierungsphase im Bereich von Minuten bis Stunden ausgegangen, für andere Konsolidierungsvorgänge – insbes. beim Menschen – von Tagen, Wochen und Monaten. Gedächtniskonsolidierung hat einerseits mit synaptischen Vorgängen (Synapse) zu tun; hierzu zählen z. B. Langzeitpotenzierung und Langzeitdepression. Andererseits gibt es versch. Modelle, für die jew. eine Reihe exp. Evidenzen vorliegt. Generell wird von intrazellulären Proteinsynthesevorgängen ausgegangen, die die Genexpression verändern (können) und im Weiteren dann zu morphologischen Änderungen auf prä- und postsynaptischer Seite führen und somit ganze neuronale Netzwerke modifizieren können. Spezifischer gibt es zwei direkt konkurrierende Modelle (neben weiteren): das Standardmodell und die Multiple-Trace-Theorie. Im Standardmodell wird von einer initialen (aber dennoch Tage bis möglicherweise Wochen anhaltenden) Konsolidierungsphase in Strukturen und Schaltkreisen (Papez’scher Schaltkreis, basolateral limbischer Kreis) des limbischen Systems ausgegangen. Eine zentrale Rolle wird dabei spez. dem Hippocampus (oder der Hippocampusformation) zugedacht, indem angenommen wird, dass der Hippocampus langsam die neu und bewusst enkodierte Information (episodisch-autobiografisches Gedächtnis, Wissenssystem/semantisches Gedächtnis) der neokortikalen Großhirnrinde zuführt und dann nach Wochen dort eine permanente Ablagerung vollzogen ist (sog. Hippocampus-unabhängige Langzeitspeicherung). Das Multiple-Trace-Modell geht von einer bleibenden Bedeutung der Hippocampusformation für die Ablagerung (und den Abruf) aus. Aber auch in diesem Modell wird von einer starken Interaktion zw. neokortikalen Strukturen und dem archikortikalen Hippocampus ausgegangen. Grundsätzliche Kritik am Multiple-Trace-Modell kommt von Studien an Pat., die trotz bilateralen kompletten Hippocampusschäden noch über ein episodisch-autobiografisches Altgedächtnis verfügen.

Von Bedeutung ist auch, dass die Konsolidierung von der Emotionalität (Emotionen) des aufgenommenen Ereignisses abhängt (z. B. ob stressreich, traumatisch) und vom Zustand der Person (zustandsabhängiges Einspeichern und Abrufen). Hier spielt dann insbes. die Aktivität der Amygdala eine Rolle (Markowitsch & Staniloiu, 2011). Zustandsabhängigkeit bedeutet gleichzeitig, dass beim Abruf bereits gespeicherter Episoden eine Re-Enkodierung und damit auch eine Re-Konsolidierung im gegenwärtigen Kontext (Zustand) erfolgt, was zu einer dynamischen Sichtweise von Gedächtnis führt. Engramm.

Referenzen und vertiefende Literatur

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