Kognition

 

[engl. cognition; lat. cognoscere erkennen, erfahren], [KOG], ist ein Sammelbegriff für bewusste und unbewusste mentale Prozesse, die von Wahrnehmung bis Denken reichen. Kognition wird meist von Emotion und Motivation unterschieden, obgleich diese Aufmerksamkeit und damit Kognition beeinflussen. Kognition ist keineswegs ein Abbild der Wirklichkeit, sondern eine Inferenz aufgrund unsicherer Indikatoren (cues). Herrmann von Helmholtz hat daher davon gesprochen, dass Wahrnehmung auf unbewussten Schlüssen beruht. Für Helmholtz war Erfahrung die Basis dieser Schlüsse, für Gestaltpsychologen (Gestaltpsychologie) waren es eher angeborene Prinzipien. Wie Wahrnehmung wird auch Erinnerung nicht als Abbild der Wirklichkeit verstanden, sondern die Forschung konzentriert sich auf die Frage, wie Erinnerung im Nachhinein konstruiert wird – etwa aufgrund zw.zeitlicher Information oder suggestiver Fragen.

Die Kapazität von kogn. Prozessen ist begrenzt. Die klass. These ist, dass das Kurzzeitgedächtnis (Gedächtnis) 7 +/– 2 Einheiten (etwa Ziffern) behalten kann. Testing-the-Limits-Studien zeigen aber, dass diese Kapazität durch Übung (Üben) deutlich erhöht werden kann. Kognitive Begrenzungen, wie begrenzter Gedächtnisspeicher oder Vergessen, sind nicht einfach als Fehler des Systems anzusehen, sondern als funktionale Eigenschaften, die andere kogn. Leistungen erhöhen können. Der russische Psychologe Alexander Luria hat am Bsp. des Gedächtniskünstlers Schereschewski gezeigt, dass ein perfektes Gedächtnis, das anscheinend nichts vergessen kann, zu Beeinträchtigungen der Fähigkeit des Abstrahierens (Abstraktion), des Generalisierens und des Verstehens von Analogien führen kann. Kareev hat gezeigt, dass die Begrenzung «7 +/– 2» hilft, Korrelationen in der Umwelt besser zu entdecken. Gigerenzer & Brighton haben mittels des Bias-Variance-Dilemmas gezeigt, dass kognitive Heuristiken, die einen Teil der Information ignorieren (also mit sog. kogn. «Biases» arbeiten), zu besseren Urteilen führen können, insbes. wenn man aufgrund kleiner Stichproben Vorhersagen treffen muss.

Die der Kognition zugrunde liegenden Inferenzprozesse werden auf zweierlei Weise modelliert. Zum einen erfolgt dies durch stat. Optimierungsmodelle wie die Signalentdeckungstheorie und das Bayes-Theorem. Diese Modelle versuchen, den optimalen kogn. Prozess zu bestimmen, unter der Annahme, dass der Person alle notwendige Information zur Verfügung steht und die Umwelt stabil bleibt. Diese Voraussetzungen gelten aber nur für wenige, spezif. Situationen (etwa für Lotterien und andere bekannte Risiken). Bei den meisten anderen Entscheidungen (Entscheiden,), mit denen Menschen konfrontiert werden – welchen Job soll ich wählen? wen heiraten? wie Geld investieren? – sind jedoch selten alle Alternativen, Konsequenzen und Wahrscheinlichkeiten bekannt. In diesen Situationen kann Kognition per Def. nicht optimieren, sondern benötigt andere Werkzeuge wie Heuristiken und Analogien. Eine Heuristik ist eine Regel, die versucht, die wesentliche Information zu identifizieren und den Rest zu ignorieren. Ignorieren kann zu robusten Urteilen führen, wenn man das Optimale nicht berechnen kann. Bsp. für Heuristiken sind Entscheidungen, die nur auf einem guten Grund beruhen (Entscheidungsheuristiken, «take the best»; «fast and frugal trees»), die Rekognitionsheuristik und soziale Regeln (Normen, soziale) wie «imitiere, was die Mehrheit macht». Heuristiken können schnell und genau Kategorisierungen, Inferenzen oder Entscheidungen treffen. Ein zweites Werkzeug, um sich in einer unsicheren Welt zu orientieren und neue Zusammenhänge zu sehen, sind Analogien. Sie stellen einen Bezug zw. einem bekannten Objekt (Prozess) und einem neuen, weniger gut verstandenen Objekt (Prozess) her und erlauben damit Schlussfolgerungen (Schließen, deduktives, Schließen, induktives).

Kogn. Prozesse, heuristisch oder stat., lassen sich nach drei Bausteinen untergliedern: Informationssuche, Stoppregel und Entscheidungsregel. Informationssuche kann intern (z. B. Suche im Gedächtnis) oder extern (z. B. im Internet) erfolgen und explorativ oder gerichtet sein. Die Stoppregel beschreibt, wann die Suche abgebrochen wird (etwa nachdem ein guter Grund gefunden ist oder aber nach einer best. Zeit). Die Entscheidungsregel schließlich beschreibt, wie aufgrund der gefundenen Information ein Urteil zustande kommt. Diese drei Prozesse können auf versch. Ebenen analysiert werden, von bewussten Entscheidungen bis hin zu neuronalen Prozessen. Eine Reduktion dieser versch. Ebenen aufeinander ist bisher nicht gelungen.

Referenzen und vertiefende Literatur

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