Kaufverhalten und Zahlungssysteme

 

[engl. buying/purchasing behavior and payment systems], [WIR], mit Gründung der Reichsbank 1876 wurde in Dt. neben dem Barzahlungssystem der unbare Zahlungsverkehr eingeführt. Seitdem hat sich das System des bargeldlosen Geldtransfers von einfachen Überweisungen oder der Anwendung von Lastschriftverfahren auf die Zahlung mit EC-, Geld- und Kreditkarten ausgeweitet. Derzeit zahlt die Mehrheit der dt. Verbraucher bar, doch nimmt der Gebrauch unbarer Zahlungssysteme zu. Ein Vorzug unbarer Zahlungsmethoden ist die schnelle und leichte Verfügbarkeit auch größerer Geldbeträge, zudem ermöglichen sie den unkomplizierten Einkauf in Online-Stores. Gleichzeitig bergen diese Charakteristika aber auch Nachteile. Hierzu gehören u. a. die durch die Entkopplung von Konsum und Bezahlung evozierte erhöhte Ausgabenbereitschaft mit unbaren Zahlungsmitteln und die daraus potenziell resultierende Verschuldung der Verbraucher. Auch problematisches Kaufverhalten wie kompensatorischer oder pathologischer Konsum (Konsumverhalten, Konsumentenverhalten und Selbstregulation, Verhaltenssucht) wird mit der Verwendung bargeldloser Zahlungsmittel wie EC- und Kreditkarten in Verbindung gebracht, da diese die Ausgabenkontrolle erschweren. Neben dem durch bargeldlose Zahlungsmittel vereinfachten Zugang zur Liquidität ist somit auch die fehlende mentale Kontrollierbarkeit der Ausgaben (mental budgeting) durch eine Zunahme des Abstrahierungsgrades von Bedeutung, welche eine adäquate Selbstkontrolle einschränken und das Ausgabevolumen unter kartengestützten Zahlungsmodalitäten erhöhen kann. Selbstregulation und Selbstkontrolle stellen somit einen wesentlichen Faktor dar, um in Kaufsituationen angemessene und den persönlichen Voraussetzungen entspr. Entscheidungen (Kaufentscheidungen, Modelle, Kaufentscheidungen, Rationalität von) zu treffen. Moderne bargeldlose Zahlungssysteme erschweren die erfolgreiche Selbstkontrolle in Bezug auf die Ausgabenhöhe in zweifacher Weise: Zum einen wird der Überblick über die zur Verfügung stehende Geldmenge durch die bargeldlose Zahlungsform erschwert, da kein externer und haptisch erfahrbarer Bezug zu der ausgegebenen Geldmenge vorliegt. Zum anderen erleichtern Formen der Kartenzahlung den Zugang zu monetären Mitteln deutlich und ermöglichen im Falle der Kreditkarten sogar die Verfügung über real teilweise nicht vorhandene Beträge. Vor allem Letzteres kann als eine Ursache für die steigende Verschuldung in modernen Konsumgesellschaften betrachtet werden.

Auf Verhaltensebene konnte ein gesteigertes Konsummuster unter bargeldlosen Zahlungsbedingungen nachgewiesen werden (credit card premium): Das Ausgabeverhalten steigt demnach unter Verwendung kartengestützter Zahlungssysteme an, unabhängig von interindiv. variierenden Merkmalen wie Geschlecht, Einkommen und Kaufverhalten. Es werden höhere Ausgaben getätigt und eine Zunahme der Verschuldungsbereitschaft wird erkennbar. Erklärungsansätze hierfür sind u. a. die klassische Konditionierung (Konditionierung, klassische), die indiv. variierende Höhe des durch die Bezahlung ausgelösten Verlustempfindens (pain of paying) und die Bedeutung der Kreditkartensymbolik bei der mentalen Entkopplung von Konsum und Geldverlust und deren Auswirkung auf die kogn. Buchführung (mental accounting, mentale Buchführung). Zudem konnte gezeigt werden, dass sich diese Effekte von Kreditkarten auch auf Debitkarten (EC/Maestro-Karten) übertragen lassen. Hinter der feststellbaren erhöhten Zahlungsbereitschaft wird ein Credit-card-release-Effekt vermutet, wonach bargeldlose Zahlungsmodalitäten eine psych. Ausgabenentlastung bewirken. Zudem scheinen bargeldlose Zahlungsbedingungen die Produktbewertung zu verändern. Unter unbaren Zahlungsbedingungen wird mehr auf die Produktvorteile geachtet, wohingegen unter Barzahlung eher die Kostenaspekte eine Rolle spielen. Dies spiegelt sich auch in einer höheren Zahlungsbereitschaft unter bargeldlosen Zahlungsvoraussetzungen wider. Inwieweit diese Effekte auch auf das sog. mobile payment zutreffen, müssen künftige Untersuchungen zeigen.

Referenzen und vertiefende Literatur

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