Indexikalität

 

[engl. indexicality; lat. index Anzeiger] [FSE, KOG, SOZ], Indexikalität menschlicher Sprache und Kommunikation ist ein Grundkonzept sowohl in der Sprachwissenschaft (Auer, 1999, Linke et al., 2004) als auch in der Ethnomethodologie von Harold Garfinkel und in vielen wissenssoziologischen Ansätzen (Dokumentarische Methode). I. R. des Problems der Indexikalität kann eine situativ-kontextuelle und eine begrifflich-referenzielle Dimension unterschieden werden. Bereits Garfinkel hat sich im Zusammenhang seiner ethnomethodologischen Studien mit der Indexikalität von Begriffen umfassend auseinandergesetzt und diese in Anlehnung an Husserl als «Gelegenheitsausdrücke» bezeichnet (Kruse, 2009b), um die situative Vagheit eines jeden Begriffs zu betonen. Innerhalb der situativ-kontextuellen Dimension von Indexikalität zeigt sich, dass die Bedeutung eines Begriffes für sich immer nur in seinem konkreten Verwendungskontext verstehbar wird. Die anschaulichsten Bsp. hierfür sind die klass. Deiktika, also Zeigewörter wie z. B. «hier», «da», «dort». Neben diesen Deiktika weisen jedoch alle Begriffe und gerade auch ganze Äußerungen eine situativ-kontextuelle Indexikalität auf. Die Bedeutung eines sprachlichen Ausdrucks bzw. einer Äußerung – hierauf hat bereits Karl Mannheim i. R. seines wissenssoziologischen Ansatzes und seiner dokumentarischen Methode hingewiesen (Mannheim, 2004) – wird immer nur durch seinen situativen Zeichengebrauch im Kontext einer historisch gewachsenen bzw. lebendigen, kommunikativen Szene verständlich. Ein anschauliches Bsp. hierfür ist die Ironie und alle anderen Formen uneigentlicher Rede: Nur über die Analyse des kommunikativen Kontextes solcher Äußerungen und der Art und Weise ihrer Versprachlichung (Prosodie, Mimik, Gestik; nicht verbale Kommunikation) wird der indexikale Sinn verständlich. Neben der situativ-kontextuellen Dimension von Indexikalität weist aber jeder Begriff an sich auch eine begrifflich-referenzielle Dimension von Indexikalität auf. D. h., dass die Bedeutung eines Begriffes immer nur verständlich wird in einem semantischen Netzwerk von weiteren Begriffen, mit denen er in Relation steht (Index). Der Begriff «Dorf» kann z. B. in seinem konkreten Gebrauch ganz Unterschiedliches bedeuten, je nachdem, ob er in dem semantischen Netzwerk von «langweilig», «nur eine Straße», «die Kirche steht in der Mitte», «Jauchegeruch» und «Kaff» steht, oder in dem semantischen Netzwerk von «Gemeinschaft», «Ordnung», «Besinnlichkeit» und «Ruhe». Die soziale Genese dieser referenziellen Indexikalität von Begriffen hat wiederum Mannheim bereits herausgearbeitet: Er unterscheidet – vergleichbar mit der Differenzierung in denotativ und konnotativ – einen generalisierten bzw. immanenten (oder auch obj.) Sinngehalt und einen konjunktiven bzw. dokumentarischen Sinngehalt eines Begriffes. Dieser Ansatz ist innerhalb der rekonstruktiven Forschung durch Ralf Bohnsack (dokumentarische Methode) bekannt geworden. In der Qualitativen Sozialforschung hat Garfinkel die Problematik der Indexikalität menschlicher Sprache und Kommunikation i. R. seiner ethnomethodologischen Studien insbes. weit über seine Krisen- bzw. Brechungsexperimente bekannt gemacht.

Referenzen und vertiefende Literatur

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