geometrisch-optische Täuschung
[engl. geometrical-optical illusion], [WA], Sinnestäuschung bei einfachen geometrischen Figuren; es gibt eine Vielzahl geometrisch-optische Täuschungen, deren Benennung variiert und die oft Varianten anderer T. sind. Eine grobe Klassifikation stammt von Boring (1942): (1) T. in der Größe bzw. Länge (z. B. Delboeuf-T., Sander’sche, Müller-Lyer’sche, Oppelsche, Ponzo'sche, Jastrow'sche, Titchener-T.), (2) T. in der Richtung (z. B. Zöllner’sche T., Hering’sche Sternfigur, Poggendorff’sche Täuschung, Fraser-Täuschung, Kaffeehaus-Täuschung), (3) nicht einzuordnende T.; eine befriedigende Klassifikation, v. a. auch unter Berücksichtigung der Ursachen der T., existiert nicht. Bisweilen werden auch Kippfiguren zu den geometrisch-optischen Täuschungen gerechnet.
Ursache der T. ist meist die Einordnung des der T. unterliegenden Teils in den gesamten figuralen Zusammenhang, der die Wahrnehmung des Ganzen (Ganzheit) bestimmt. Weiterhin kommen Erfahrungseinflüsse in Betracht (z. B. bei Perspektiventäuschungen) und einzelne andere Gesetzmäßigkeiten (z. B. Überschätzung der Vertikalen gegenüber der Horizontalen, Vertikalen-T., Vertikal-Horizontal-T., Mittelsenkrechtenr.).
Die Beschäftigung mit den geometrisch-optischen Täuschungen setzte um die Mitte des 19. Jhd. ein. Nach Rausch (1966) stehen die Untersuchungen von J. J. Oppel am Anfang, und ein zweites Stadium leitete im Jahre 1889 Müller-Lyer ein, dessen Täuschungsmuster stark beachtet wurde und die Bearbeitung des Gebiets sehr erweiterte (in der Zeit 1895–1915). Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Gestaltpsychologie bestimmend, die die geometrisch-optische Täuschung zu weitreichenden allg. Annahmen heranzog. Ehrenstein-Täuschung, Kanizsa-Dreieck, Penrose-Gabel.