Forschungsprozess

 

[engl. research process], [FSE, PHI], empirisches Forschen dient in der Ps. i. d. R. der Entwicklung, Verbesserung oder Prüfung von Theorien (Theorie) oder Modellen, die insbes. die Beziehungen zw. zentralen Merkmalen bzw. die Wirkprozesse eines Inhaltsbereichs formal beschreiben (empirische Sozialforschung; Forschungsprogramm). Zur empirischen Fundierung und kritischen Prüfung von Theorien können unterschiedliche Ziele im Mittelpunkt stehen: (1) Vorwiegend induktiv orientierte, Theorie generierende Forschungsziele (Induktion): Diese stehen im Mittelpunkt, wenn für ein bisher unzureichend theoretisch beschreibbares Inhaltsgebiet neue Erkenntnisse (z. B. beteiligte Variablen, relevante Zusammenhänge, Gültigkeitsbereich) gewonnen werden sollen, die das Verständnis des Gegenstandsbereichs und somit die Entwicklung eines adäquaten Theoriemodells (s. Qualitätsmerkmale einer Theorie) unterstützen. In dieser Forschungsphase werden Forschungsmethoden i. d. R. explorativ und nicht hypothesenprüfend (Hypothese) eingesetzt, sodass insbes. qual. Verfahren aufgrund ihrer Offenheit gegenüber neuen Informationen (Prinzip der Offenheit) gewinnbringend eingesetzt werden können. Der Prozess der induktiv orientierten Forschung kann als zirkluär oder besser spiralförmig bez. werden. Ausgehend von offenen Fragestellungen (unbekannte Elemente oder «blinde Flecken» des Wissens zum Gegenstandsbereich) werden für die Fragestellung optimale Methoden identifiziert (Gegenstandsangemessenheit), die einen möglichst umfassenden Erkenntnisgewinn vermuten lassen. Ausgehend von den gewonnenen Erkenntnissen werden Forschungsfragen weiter spezifiziert oder differenziert und empirische Erkenntnisse ermittelt. Dieser Kreislauf von Forschungsfrage, Datenerhebung und theorieorientierten Dateninterpretation wird durchlaufen, bis ein in sich konsistentes, widerspruchsfreies und gehaltvolles Theoriemodell identifiziert wurde, das in Einklang mit allen verfügbaren empirischen Befunden steht. Gütekriterien qualitativer Forschungsprozesse.

(2) Vorwiegend deduktiv orientierte (Deduktion), theorieprüfende Forschungsziele: Diese stehen im Mittelpunkt, wenn die Gültigkeit einer hinreichend weit entwickelten Theorie auf Basis kritischer Hypothesen geprüft werden sollen. Zur Prüfung der Hypothesen wird ein Forschungsdesign identifiziert, es erfolgt eine Datenerhebung (Datenerhebungsverfahren) und die stat. Prüfung der Hypothesen (Signifikanztest). Dieses hypothesenbasierte Vorgehen kann als linearer Forschungsprozess charakterisiert werden: Stützen die Ergebnisse die Theorie, so kann daraus die Nützlichkeit und vorläufige Bewährung der Theorie abgeleitet werden. Die Theorie sollte aber weiterhin Gegenstand kritischer Prüfung sein, da diese auch bei pos. Befund grundsätzlich nicht als verifiziert gelten kann (Kritischer Rationalismus). Können die Hypothesen nicht bestätigt werden, so bedarf es einer Modifikation der Theorie und entspr. induktiver, theoriebildender Forschungsschritte. I. d. R. werden in der Theorie spezifizierte kausale Zusammenhänge (Kausalität) getestet, sodass Forschungsdesigns eingesetzt werden sollten, die eine möglichst hohe interne Validität gewährleisten. Exp. Designs (Experiment) und eine Orientierung an den Kriterien der Evidenzbasierung sind für theorieprüfende Verfahren i. d. R. adäquat. Darüber hinaus ist insbes. die externe Validität der Studie zu berücksichtigen, um den Geltungsbereich von Aussagen adäquat einschätzen zu können.

Die Abb. zeigt das Ineinandergreifen theorieentwickelnder und -prüfender Forschungsprozess: In der Phase induktiver Erkenntnisgewinnung wird in einem Wechsel zw. der Identifikation von Informationsbedarf und der Gewinnung von empirischen Erkenntnissen der Gehalt einer Theorie sukzessive angereichert. Gilt die Phase der Theoriebildung als abgeschlossen, so muss eine intern valide Prüfung a priori formulierter Hypothesen erfolgen, die eine Entscheidung über die Nützlichkeit der Theorie und etwaigen Modifikationsbedarf ermöglicht. Im Mittelpunkt dieser Abläufe stehen insbes. die Fragen der Gegenstandsangemessenheit, Konsistenz, Bewährung und Nützlichkeit der Theorie. Fortschritt, wissenschaftlicher.

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Forschungsprozess: Zusammenwirken und Integration theoriegenerierender und -prüfender Schritte empirischen Arbeitens (aus: Wirtz & Schulz 2012)

Referenzen und vertiefende Literatur

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