Familienbildung

 

[engl. family education], [EW, PÄD], die Familienbildung in Dt. hat ihre Vorläufer in sog. Mütterschulen, die auf eine Grundidee von Friedrich Fröbel zurückgehen und vor rund 100 Jahren vielerorts in Dt. gegründet wurden, um der damals hohen Säuglingssterblichkeit entgegenzuwirken und bürgerliche Vorstellungen von Familie und Erziehung auch in unteren sozialen Schichten (Status, sozioökonomischer) zu verbreiten. Seit der Reform des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (SGB VIII) ist die Familienbildung in § 16, Abs. 2 SGB VIII rechtlich verankert. Familienbildung wird als eigenständiger, mit anderen Arbeitsfeldern der Kinder- und Jugendhilfe verbundener Bereich verstanden, der Familien und ihren Mitgliedern unter Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse, Interessen und Erfahrungen in ihren jew. Lebenslagen Hilfen anbietet. Im Mittelpunkt steht die Förderung der Erziehung in der Familie. Familien als primäre Sozialisations-, Erziehungs- und Bildungsinstanz für Kinder sind aufgrund veränderter Erwartungen und Anforderungen an Erziehung, veränderter Rollenbilder (Rolle) und der Pluralisierung familialer Lebensformen heute vor bes. Herausforderungen gestellt, deren Bewältigung durch Familienbildung unterstützt werden soll. So wurden mit der gesetzlichen Ächtung von Gewalt in der Erziehung (Neufassung § 1631 im BGB im Jahr 2000) auch wesentliche Impulse für den Ausbau von Angeboten der Familienbildung gesetzt. Eine zentrale Aufgabe der Familienbildung ist es, Eltern in ihrer Funktion als Erzieher, Bildungsförderer und Arrangeure kindlicher Entwicklungsgelegenheiten zu fördern und zu unterstützen. Familienbildung ist eine präventive Leistung (Prävention), die sich an alle Familien wendet und nicht als Einzelfallhilfe angedacht ist. Sie zielt darauf ab, dass Familien ihre Kompetenzen nutzen und erweitern, um (1) eine selbstbestimmte Lebensplanung und Alltagsgestaltung innerhalb ihrer sozialen Netzwerke zu realisieren sowie (2) ihre Erziehungs- und Bildungsaufgaben zu erfüllen. Hierzu sollen Projekte der Eltern- und Familienbildung nicht nur Erziehungsstrategien vermitteln, sondern vorrangig Ressourcen der Eltern aktivieren und ihre Handlungsoptionen erweitern.

Ein Merkmal der Familienbildung in Dt. ist ihre Heterogenität. Dies betrifft sowohl die inhaltliche Ausrichtung und Form ihrer Angebote als auch ihre vielgestaltete Landschaft versch. Akteure, Trägerstrukturen und Organisationsformen. Es kann zw. Angeboten für unterschiedliche Aufgaben und Phasen der Familienentwicklung und unterschiedliche Familienformen, Angebote für spezif. Belastungssituationen und zielgruppenbezogene Ansätze unterschieden werden (Lösel et al., 2006). Zur Erreichung ihrer Ziele verfügt die Familienbildung über eine entspr. vielfältige Angebotspalette, die sich auf unterschiedliche Aufgabenbereiche bezieht. Diese umfasst u. a. die Unterstützung bei der Pflege und Versorgung von Säuglingen, die Erziehungsberatung für Eltern verhaltensauffälliger Kinder, Hilfestellungen bei elterlichen Überforderungsgefühlen, schulische Probleme, Fragen der Sexualität, der Gestaltung der Partnerschaft und der Familienplanung. Auch hochkomplexe Themen wie (sexuelle) Gewalt in der Familie, Suchtverhalten und Armut werden behandelt. Beratung für Eltern zum Vereinbarkeitsmanagement und zum Wiedereinstieg nach der Elternzeitphase sind ebenfalls Teil des Aufgabengebietes.

Es lassen sich vier versch. Formen der Familienbildung differenzieren, die jeweils unterschiedliche Zugänge zu Familien nutzen (vgl. Heitkötter & Thiessen, 2009). Neben der institutionellen Familienbildung, die über Familienbildungsstätten angeboten wird, finden sich auch Formen der informellen Familienbildung, der medialen Familienbildung (z. B. das Online-Familienhandbuch, s. www.familienhandbuch.de) und der mobilen, aufsuchenden Familienbildung. Um das vielfach dokumentierte Problem der Mittelschichtsorientierung von Angeboten der Familienbildung zu überwinden und auch bildungsferne Schichten sowie Familien mit Migrationshintergrund zu erreichen, werden eine Reihe von Strategien diskutiert. Hierzu gehören eine systemübergreifende Vernetzung und Koordination der versch. Förderangebote und Hilfen, um Zugänge zu passenden Angeboten zu erleichtern und eine bessere Abstimmung der Programme zu erreichen, eine Verbesserung der Attraktivität der Angebote für diese Zielgruppen durch stärkere Niedrigschwelligkeit und Bedarfsorientierung, eine intensivere Qualifizierung und Professionalisierung des Personals sowie eine Stärkung der Wirkungsforschung, die über die bewirkten Veränderungen und Erfolge der Angebote informiert.

Referenzen und vertiefende Literatur

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