Emotionsregulation

 

[engl. emotional regulation; lat. regula Regel, Maßstab], [EM, SOZ], beschreibt den Prozess, durch den Individuen das Erleben, die Intensität, die Dauer, den Zeitpunkt und den Ausdruck von aktivierten Emotionen beeinflussen (Gross, 2007). Durch Emotionsregulation können pos. und neg. Emotionen verstärkt (Verstärkung), aufrechterhalten oder abgeschwächt werden. Emotionsregulation kann somit als eine Sammlung von kogn. und verhaltensbasierten Strategien zur Beseitigung, Aufrechterhaltung und Veränderung von emot. Erleben und Ausdruck aufgefasst werden. Damit sind generell alle Prozesse gemeint, welche die spontane Entfaltung von Emotionen beeinflussen im Hinblick darauf, welche Emotionen wir haben, wann wir diese haben und wie wir diese erleben und im Verhalten (z. B. Gestik, Mimik) zum Ausdruck bringen (Gross, 2002). Die Intensität von sowohl pos. als auch neg. Emotionen kann in jede Richtung beeinflusst werden. In der psychol. Emotionsregulation-Forschung interessiert jedoch meist die Verringerung neg. Emotionen: effektive Emotionsregulation besteht demnach darin, pos. Emotionen aufrechtzuerhalten und neg. Emotionen zu verringern. All diese Prozesse können, müssen aber nicht bewusst zugänglich sein. Sie können kontrolliert, aber auch automatisch ablaufen (Gross, 2007). Emotionsregulation ist i. d. R. hedonistisch oder sozial motiviert (Motivation). Auf der intraindiv. Ebene werden neg. affektive Zustände vermieden oder beseitigt und pos. aufrechterhalten oder herbeigeführt. Man beeinflusst also das eigene Erleben. Auf der interindiv. Ebene regulieren wir Emotionen aus Gründen einer sozial erwünschten Selbstdarstellung (Eindrucksmanagement), der sozialen Kontrolle (Beeinflussung des Verhaltens anderer) sowie aus prosozialen Gründen (prosoziales Verhalten), wenn wir Mitmenschen keinen Schaden zufügen, sie nicht verletzen oder sie beschützen wollen (Fischer et al., 2004). Der deskriptive Ansatz zur Klassifikation von Regulationsstrategien von Parkinson & Totterdell (1999) sowie das Prozessmodell der Emotionsregulation von Gross (1998) sind zwei Ansätze, anhand derer sich die Vielzahl versch. Emotionsregulationstrategien systematisieren lässt. Das Modell von Gross verortet die Regulationsprozesse an versch. Stellen im zeitlichen Verlauf der Emotionsentstehung.

(1) Antezedenzfokussierte Regulationsstrategien greifen früh im Prozess der Emotionengenese ein, zu einem Zeitpunkt, zu dem sich die Emotionen noch nicht vollst. auf allen Reaktionsebenen entfaltet hat und die emotionsbezogenen Reaktionstendenzen nicht ausgelöst worden sind. Sie basiert auf Vorwegnahme und Kontrolle von Emotionsreaktionen durch aktive Situations- und Gedankenselektion und -beeinflussung. Zu unterscheiden sind vier Subtypen: Situationsauswahl, Modifikation der Situation, Aufmerksamkeitslenkung (Aufmerksamkeit) und kogn. Veränderung (u. a. Neubewertung).

(2) Reaktionsfokussierte Regulationsstrategien zielen auf einen späten Zeitpunkt im Prozess der Emotionsentstehung ab: die Reaktionsveränderung. Sie greifen immer dann, wenn die Emotionen bzw. die emotionsbezogenen Reaktionstendenzen initiiert wurden, und umfassen Versuche, diese spezif. physiol., subj. und ausdrucksbezogenen Komponenten einer Emotion zu modifizieren.

Durch den zeitlich früheren Einsatz der antezedent-fokussierten Emotionsregulation wird diese als effektiver erachtet als die reaktionsfokussierte Emotionsregulation, da die reaktionsfokussierte Emotionsregulation keinen Einfluss auf die Entstehung der Emotion nimmt, sondern nur den Emotionsausdruck beeinflussen kann. Bsp. für die unterschiedlichen Formen der Emotionen sind die beiden bekanntesten, vermeintlich am häufigsten genutzten und v. a. meist untersuchten Emotionsregulations-Strategien (expressive) Suppression (reaktionsfokussierte Emotionsregulation) und kogn. Reappraisal (Neubewertung, antezedent-fokussierte Emotionsregulation;Appraisal (Einschätzungs)-Theorien). Durch kogn. Reappraisal, eine Form der kogn. Umformung (Gross, 2001) wird der Ablauf und die Entstehung der Emotion verändert, bevor emot. Reaktionstendenzen vollst. generiert wurden. Eine potenziell emotionsauslösende Situation wird neutralisiert, indem ihre Bedeutung uminterpretiert bzw. modifiziert wird. Dadurch werden sowohl behaviorale und physiol. Reaktionen als auch das Emotionserleben verändert. Die Suppression stellt eine Reaktionsmodulation und somit eine reaktionsfokussierte Emotionsregulations-Strategie dar. Diese Strategie wird erst eingesetzt, wenn die Emotion bereits erlebt wird und modifiziert lediglich die behaviorale Komponente der Emotion (Gross, 2001), d. h. die äußerliche emot. Reaktion (wie z. B. Tränen).

Versch. Emotionsregulations-Theorien deuten darauf hin, dass Personen in Abhängigkeit des Kontexts mehrere Emotionsregulations-Strategien gleichzeitig anwenden können. Im Arbeitsumfeld (z. B. mit Kundenkontakt) besteht die Motivation darin, Emotion zu regulieren, häufig in einer erlebten Diskrepanz zw. der (empfundenen) emot. Reaktion und der den Normen (Normen, soziale) bzw. Vorschriften entspr. angemessenen oder erwünschten emot. Reaktion (Display-Rules, Fischer et al., 2004). Emotionsarbeit beschreibt das Vorliegen von klaren Vorgaben oder impliziten Erwartungen bzgl. des Emotionsausdrucks im Arbeitskontext (Hochschild, 1983). In diesem Kontext zählen Deep Acting (antezedent-fokussierte Emotionsregulation) und Surface Acting (reaktionsfokussierte Emotionsregulation) zu den prominenten Emotionsregulations-Strategien. Während das Deep Acting dazu führt, dass Mitarbeiter ihre empfundenen Emotionen verändern, um sie an Emotions-Darbietungsregeln anzupassen, beschreibt Surface Acting nur die Anpassung des Emotionsausdrucks der Mitarbeiter entspr. den vorgegebenen Darbietungsregeln, ohne dass sich die empfundenen Emotionen verändern. Ferner werden versch. Emotionsregulations-Strategien unterschieden. Dabei stellen (expressive) Suppression (reaktionsfokussierte Emotionsregulation) und kogn. Reappraisal (Neubewertung, antezedent-fokussierte Emotionsregulation) zu den bekanntesten und am häufigsten untersuchten Strategien.

Referenzen und vertiefende Literatur

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