Diagnostik bei alten Menschen

 

[engl. assessment of older adults], [DIA, EW], aufgrund des demografischen Wandels sieht sich heute die Ps. zunehmend auch diagn. Aufgaben in Bezug auf das höhere Lebensalter gegenüber. Mögliche Besonderheiten der Diagnostik sind: Schnelle Ermüdbarkeit; sensorische und motorische Beeinträchtigung; Notwendigkeit der Vereinfachung von Antwortformaten; Prüfung der Messäquivalenz (Äquivalenz, psychometrische) von Verfahren, die für Jüngere entwickelt wurden; Fehlen von Normwerten; Notwendigkeit des Ausweichens auf Beobachtung und Fremdurteil (z. B. bei Demenz). Zentrale Bereiche der Diagnostik sind: (1) Kognitive Leistungen (z. B. Gedächtnisfunktionen, Exekutive Funktionen) einschließlich leichter kogn. Störungen und Demenzformen. Zunehmende Verbreitung erfährt hier die neuropsychol. Testbatterie CERAD (Consortium to Establish a Registry for Alzheimer’s Diseases Assessment Battery). Die multidimensional angelegte CERAD-Batterie will gleichzeitig Orientierung, Sprache, konstruktive Praxis und Gedächtnisleistungen abbilden. Sie enthält auch das weitverbreitete Screeninginstrument der Mini-Mental-State-Examination (MMSE; Mini-Mental-Status-Test). (2) Persönlichkeitsaspekte. Entsprechendes diagn. Wissen kann hilfreich sein, um Anpassungspotenziale und -grenzen im Umgang mit emot. Belastungen und krisenhaften Herausforderungen, z. B. der Erfahrung von chronischen Erkrankungen oder von Verwitwung, abschätzen zu können (etwa im Grad des gegebenen Neurotizismus). Ebenso können Persönlichkeitseinschätzungen helfen, die zu erwartende Anpassung an eine neue Umwelt (z. B. Pflegeheim) vorherzusagen. Ähnlich wie generell in der psychol. Diagnostik hat sich zur Diagnostik von grundlegenden Persönlichkeitszügen auch bei Älteren das NEO-Fünf-Faktoren Inventar (NEO-Fünf-Faktoren-Inventar (NEO-FFI)) gut bewährt, wobei bisweilen die relativ hohe Itemanzahl v. a. bei Hochaltrigen zu einem Problem werden kann. Zusätzlich kann es sehr sinnvoll sein, das Bewältigungsverhalten (Coping) und die psych. Resilienz von älteren Menschen einzuschätzen. (3) Affektivität. Hier steht die Erfassung der emot. Situation im Vordergrund, v. a. des pos. und neg. Affekts, der Depressivität und Angst. Z. B. spielt Depressivität eine bedeutsame Rolle i. R. des Erfolgs von geriatrischen Rehabilitationsprogrammen. (4) Alltagskompetenz. Hier geht es v. a. um die sog. Aktivitäten des täglichen Lebens wie bspw. Mahlzeiteneinnahme, Mobilität in der Wohnung, Mahlzeitenzubereitung, die Erledigung von Bankangelegenheiten, Telefonieren, Einkaufen oder die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs sowie um alltägliche Problemlösestrategien (z. B. Umgang mit Alltagsproblemen wie der Veränderung der Medikation) (International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF)). (5) Soziale Umwelt. Im Mittelpunkt steht hier die Einschätzung von Größe und Qualität des vorhandenen sozialen Netzwerks, seiner emot. und instrumentell-unterstützenden Ressourcen sowie von Einsamkeit. Zunehmend an Bedeutung gewonnen hat auch die diagn. Einschätzung von pflegenden Angehörigen, die häufig physisch und psych. sehr belastet sind. (6) Physisch-räumliche Umwelt. Ältere Menschen sind bes. anfällig für Widrigkeiten der physisch-räumlichen Umwelt, etwa in Bezug auf Barrieren in der Wohnung (hohe Badewanne, Sturzfallen), weisen aber gleichzeitig häufig eine sehr hohe emot. Bindung an ihre Wohnumwelt auf, was diagn. häufig zu einer durchaus ambivalenten Situation führen kann (z. B. ungünstige obj. Wohnmerkmale, aber hohe Bindung an die Wohnung, die einen Umzug in eine besser angepasste Wohnung erschwert oder unmöglich macht). Insgesamt besteht eine zentrale Anforderung der Diagnostik darin, eine möglichst hohe Altersfairness zu erzielen, immer dann wenn notwendig (und verfügbar) spez. für Ältere geeignete Verfahren einzusetzen und überaus sorgsam und abwägend in der Interpretation von erhaltenen Informationen aufgrund diverser Gefährdungen in der Standardisierung der diagn. Situation bzw. grundlegender systemischer Veränderungen des alternden Organismus vorzugehen.

Referenzen und vertiefende Literatur

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