Datenerhebungsverfahren

 

[engl. data collection methods], [DIA, FSE], bez. als Oberbegriff unterschiedliche wiss. Verfahren der Gewinnung von Daten i. R. eines empir. Forschungsprozesses. Jede Datenerhebung in den Erfahrungswissenschaften basiert letztlich auf Beobachtung bzw. auf den Sinneswahrnehmungen der Studienteilnehmer oder Forschenden. Die einzelnen Datenerhebungsverfahren unterscheiden sich jedoch dahingehend, welcher Bereich der Wirklichkeit (z. B. äußeres Verhalten oder inneres Erleben; Fremdbeobachtung, Selbstbeobachtung) auf welche Weise der Beobachtung zugänglich gemacht wird (z. B. Feldbeobachtung auf dem Spielplatz, Leitfaden-Interviews mit Kindern oder Sammlung von Kinderzeichnungen).

Die Erkenntnistheorie als Teilbereich der Wissenschaftstheorie befasst sich phil. auf der Metaebene mit der Frage, ob und wie mithilfe von Sinneseindrücken überhaupt gesicherte wiss. Erkenntnisse gewonnen werden können. Im Forschungsprozess erhobene Daten sind durch selektive Beobachtung, Vorannahmen und Interpretationen immer auch theoriegeladen und bieten kein unverzerrtes Abbild realer Verhältnisse (Beurteilerübereinstimmung). Die einzelnen Datenerhebungsverfahren basieren auf unterschiedlichen methodologischen Vorgaben dazu, wie die Datengewinnung im Detail durchzuführen ist (z. B. Gestaltung von Untersuchungssituation und Untersuchungsmaterialien, Schulung der Untersuchenden), um zu möglichst unverzerrten und aussagekräftigen Daten zu gelangen.

Jedes Datenerhebungsverfahren weist spezif. Besonderheiten, Stärken und Schwächen auf. Entscheidungen für oder gegen eine best. Datenerhebungsmethode sind mit Blick auf das zu bearbeitende Forschungsproblem zu fällen und im Forschungsbericht zu begründen. Dabei sind forschungsökonomische Aspekte zu beachten: Die einzelnen Methoden unterscheiden sich teilweise deutlich in ihrem Zeit-, Personal-, Kosten- und Geräteaufwand. Nicht jede Datenerhebungsmethode ist zudem mit jedem Forschungsdesign und jeder Stichprobe kombinierbar. Auch Richtlinien der Forschungsethik sind bei der Wahl und Umsetzung von Datenerhebungsmethoden zu beachten, um die Rechte der Untersuchungsteilnehmenden zu wahren und sie vor Beeinträchtigungen zu schützen.

Das breite Spektrum unterschiedlicher Datenerhebungsverfahren wird oft grob in qual. und quant. Methoden eingeteilt: Qualitative bzw. nicht oder teilstrukturierte Datenerhebungsverfahren verzichten bewusst auf standardisierte Erhebungsinstrumente und lassen somit den Forschenden (z. B. ethnografische Feldbeobachtung; Qualitative Sozialforschung) wie Pbn (z. B. narratives Interview) viel Raum, um jew. fall- und situationsspezifisch mehr oder minder viele Details einzubeziehen und v. a. auch flexibel zu entscheiden, welche Aspekte des betrachteten Sachverhalts einen wie großen Stellenwert haben (Prinzip der Offenheit). Mit qual. Datenerhebungsverfahren werden nicht numerische Daten erzeugt (meist verbales bzw. narratives Datenmaterial, aber auch Zeichnungen, Fotos oder Videos), auf die dann interpretative Datenanalysemethoden (Datenanalysemethoden, qualitative) angewandt werden. Dieses Vorgehen soll insbes. eine möglichst große Gegenstandsnähe sichern.

Quantitative bzw. strukturierte Datenerhebungsmethoden arbeiten mit standardisierten Datenerhebungsinstrumenten mit dem Ziel, einzelne – für die Forschungsfrage oder -hypothese relevante – Merkmale der Erfahrungswirklichkeit möglichst exakt zu messen (Messtheorie). Die verwendeten Datenerhebungsinstrumente (z. B. Fragebogen, ps. Test) müssen insbes. die Gütekriterien der Objektivität, Reliabilität und v. a. der Validität erfüllen. Die erzeugten quant. bzw. numerischen Daten werden mit quant. Datenerhebungsmethoden ausgewertet, (Datenanalysemethoden, quantitative; stat. Signifikanztest, Statistik). In der Ps. dominieren quant. Datenerhebungsverfahren, insbes. aufgrund ihrer psychometrischen Fundierung.

Ein weiteres Unterteilungskriterium für Datenerhebungsverfahren ist ihre Reaktivität: Bei reaktiven Datenerhebungsverfahren wissen die untersuchten Personen, dass sie an einer Studie teilnehmen. Die im Zuge der Datenerhebung generierten Daten unterliegen somit prinzipiell unterschiedlichen Verzerrungen (z. B. Interview-Daten zur Internetnutzung können durch sozial erwünschtes Antworten (soziale Erwünschtheit) verzerrt sein, etwa weil die Befragten den Eindruck haben, es würde missbilligt, wenn sie die Nutzung best. Inhalte angäben). Die einzelnen Datenerhebungsverfahren beinhalten Maßnahmen, die derartige Verzerrungen verhindern oder begrenzen sollen (z. B. Schulung der Interviewenden, damit diese keine Suggestivfragen stellen und keine Bewertungen abgeben). In der Ps. sowie in der empirischen Sozialforschung allg. sind reaktive Methoden vorherrschend. Bei nonreaktiven Datenerhebungsverfahren findet kein Eingriff in das natürliche Verhalten der Pbn statt, etwa weil verdeckte Beobachtungen durchgeführt oder nur Verhaltensspuren erhoben werden (z. B. Logfiles dokumentieren die Internetnutzung unverzerrt).

Zudem können versch. Arten der Datengewinnung unterschieden werden: z. B. Beobachtung, Interview, Fragebogen, psychol. Test, Physiologische Messung (Psychophysiologische Methodik), Dokumentenanalyse. Diagnostische Datenerhebungsverfahren.

Referenzen und vertiefende Literatur

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