Berufspsychologie

 

[engl. vocational psychology], [AO, WIR], Teilgebiet der angewandten Ps., das (1) die Erforschung der einzelnen Berufe unter psychol. Aspekten, (2) die berufliche Entwicklung des Individuums zum Gegenstand hat. Die Berufspsychologie wird unterschiedlich eingeordnet: (1) als eigenständige Spezialdisziplin, (2) als Teilgebiet der Personnel Psychology oder aber (3) als spez. Arbeitsfeld der Arbeits- und Organisationsps. Die Berufspsychologie beschäftigt sich mit Phasen der Vorbereitung auf den Beruf, mit der Berufswahl, mit dem Beginn der Erwerbstätigkeit, mit Einarbeitungs- und Eingliederungsprozessen, mit Veränderungen von Arbeitstätigkeiten oder typischen Übergängen zw. Firmen, zw. Beruf und Familienarbeit sowie Wechsel zw. Beruf und Erwerbslosigkeit oder in den Ruhestand (berufliche Sozialisation, Berufswahltheorien, Karriereorientierung, Berufslaufbahntheorie, Berufsleben, Ausscheiden aus dem). Bei der Erforschung der Berufe unter psychol. Aspekt wird davon ausgegangen, dass «Berufe» als relativ homogene «Kollektiv-Dauerformen der menschlichen Arbeit» angesehen werden können. Die Berufspsychologie sieht sich dabei allerdings mit der Tatsache konfrontiert, dass die Berufe zwar im allg. Bewusstsein (und damit auch dem der Berufswähler und Berufswechsler) gegeneinander relativ gut abgegrenzte Einheiten darstellen, dass aber die tatsächliche berufliche Tätigkeit am konkreten Arbeitsplatz durch die jew. Berufsbez. häufig nur ungenau, u. U. sogar irreführend gekennzeichnet wird. Dennoch stellen für die Berufspsychologie die Berufe – ihre Inhalte sind immerhin, was die Ausbildungsinhalte anbelangt, durch gesetzliche Bestimmungen fixiert – die sozusagen «natürlichen» Analyseeinheiten dar. Die Berufspsychologie bemüht sich darum, diesen zunächst soziologisch, wirtschaftlich-technisch und juristisch definierten Einheiten ihren Platz in einer psychol. Berufsklassifikation zuzuweisen. Eine solche psychol. Berufsklassifikation orientiert sich an den Ähnlichkeiten und Unähnlichkeiten zw. den Berufen im Hinblick auf die typischen Merkmalskonstellationen der Berufsangehörigen, auf die Anforderungen der Berufe (Voraussetzung für beruflichen Erfolg) und auf die Befriedigungsangebote der Berufe (Voraussetzung für berufliche Zufriedenheit). Bei der Betrachtung der beruflichen Entwicklung als Gegenstand der Berufspsychologie wird die lebenslange indiv. Entwicklung in, für und durch die berufliche Arbeitstätigkeit in den Mittelpunkt gestellt (vgl. berufliche Sozialisation). Die Berufslaufbahn (career:Berufslaufbahntheorie) wird hier v. a. unter den Gesichtspunkten der beruflichen Verwirklichung des Selbstbildes (Super, 1957) des Individuums gesehen und der Kompromisse, die bei seiner Verwirklichung i. d. R. angesichts in der Person und in der gesellschaftlichen Realität liegender begrenzender und einengender Realitäten geschlossen werden müssen. Im Einzelnen befasst sich die Berufspsychologie mit (1) der subj. Bedeutung, die die Berufstätigkeit für den Menschen hat, den Kognitionen und Einstellungen gegenüber den einzelnen Berufen (u. a. Berufsimage, Berufsprestige) sowie mit den indiv. Unterschieden und epochalen Veränderungen in diesen Kognitionen, Einstellungen und Wertungen, (2) den psychol. bedeutsamen Charakteristika der einzelnen Berufe (den Anforderungen und Befriedigungsangeboten der Berufe) und ihren Veränderungen im Zuge von Änderungen in der Arbeits- und Berufswelt, den Charakteristika der in den Berufen vorzugsweise anzutreffenden Personen und den hierfür verantwortlichen Bedingungen (Selbstselektion, Fremdselektion, Prägung), den Personenmerkmalen, die Erfolg und Zufriedenheit (Arbeitszufriedenheit) in der einzelnen beruflichen Laufbahn (mit) determinieren, den Veränderungen von Personenmerkmalen (z. B. Interessen, Werteinstellungen) während der Tätigkeit in einem best. Beruf und (3) den Erscheinungsformen und Determinanten beruflicher Laufbahnen und ihrer Teilabschnitte (der «Berufswahl» ebenso wie späterer beruflicher Weiterentwicklungen, Spezialisierungen und Berufswechsel). Praktische Tätigkeitsfelder sind Berufsberatung (Walsh & Savickas, 2005) und Karrierecoaching (Yates, 2014). Berufskunde.

Referenzen und vertiefende Literatur

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