Aufmerksamkeit, zeitliche

 

[engl. temporal attention], [KOG], zeitliche Aufmerksamkeit bez. die zeitlich selektive, vorübergehende Verbesserung best. kogn. Prozesse (Kognition, Denken). Man unterscheidet dabei zw. allg. zeitlicher Aufmerksamkeit und spezif. zeitlicher Aufmerksamkeit. Allgemeine zeitliche Aufmerksamkeit besteht in der zeitlich selektiven Verbesserung der Reizverarbeitung (Reiz), wenn der Auftretenszeitpunkt des Reizes vorhersehbar ist. Man spricht dabei auch von der Orientierung der Aufmerksamkeit auf einen best. Zeitpunkt. Der Zeitpunkt ist dabei immer relativ zum Beginn eines markierten (z. B. durch ein Warnsignal) Zeitintervalls. Das einem Zielreiz vorausgehende Zeitintervall wird dabei als Vorperiode (Foreperiod) bez. Allgemeine zeitliche Aufmerksamkeit kann bewusst gesteuert werden. Wenn z. B. ein Zielreiz nach einem in seiner Dauer zufällig variierenden Intervall präsentiert wird, verarbeiten Vpn den Zielreiz besser, wenn die Dauer des Intervalls im aktuellen Trial vorher bekannt gegeben wird (z. B. durch einen cue), als wenn die Vpn vorher keine Kenntnis von der Dauer haben. Neben der bewussten Orientierung anhand expliziter zeitlicher Vorinformationen bildet sich allg. zeitliche Erwartung auch automatisch durch Anpassung an die Wahrscheinlichkeit best. Auftretenszeitpunkte. Wenn bspw. eine von zwei variierenden Vorperioden wesentlich häufiger vorkommt als die andere, lernen Vpn automatisch ihre allg. zeitliche Aufmerksamkeit auf das Ende der häufigen Vorperiode zu orientieren (d. h., den Reiz an diesem Auftretenszeitpunkt besser zu verarbeiten). Wenn bei zufällig variierenden Vorperioden jedoch alle möglichen Vorperiodendauern gleich häufig vorkommen, dann nimmt die zeitliche Aufmerksamkeit während des Verstreichens der Vorperiode kontinuierlich zu, sodass Verarbeitungsleistungen nach langen Vorperioden besser sind als nach kurzen. Diesen Effekt bez. man als variablen Vorperiodeneffekt. Der variable Vorperiodeneffekt wurde in der klassischen Literatur zur zeitlichen Aufmerksamkeit durch die Zunahme der Wahrscheinlichkeit sofortigen Reizauftretens erklärt, welche stattfindet, wenn mehr und mehr potenzielle Auftretenszeitpunkte verstreichen. Neuere Forschungen legen jedoch nahe, dass der Effekt teilweise durch sequenzielle Modulation erklärt werden kann, da Reaktionen grundsätzlich verlangsamt sind, wenn die Vorperiode im vorhergehenden Trial länger dauerte als die aktuelle (Vorperiodensequenzeffekt). Allgemeine zeitliche Aufmerksamkeit unterliegt gewissen Ungenauigkeiten. Wenn z. B. die Vorperiode von Trial zu Trial konstant, und damit im Prinzip exakt vorhersagbar ist, werden Reize nach längeren Vorperioden schlechter verarbeitet als nach kürzeren (konstanter Vorperiodeneffekt). Dies wird i. Allg. auf die Ungenauigkeit der Zeitwahrnehmung zurückgeführt. Da kürzere Intervalle präziser geschätzt werden können, kann die zeitliche Aufmerksamkeit auf kürzere Vorperioden genauer orientiert werden. Spezifische zeitliche Aufmerksamkeit bez. nicht die Orientierung auf einen Auftretenszeitpunkt an sich, sondern auf eine Kombination von Zeitpunkt und Reiz, z. B. ein Kreis früh oder ein Quadrat spät. Spezifische zeitliche Erwartung wird hauptsächlich mittels des Zeit-Ereignis-Korrelationsparadigmas untersucht. Dabei werden unterschiedliche Vorperioden mit versch. Zielreizen gepaart, wobei die Zielreize mit den Vorperioden korrelieren. Spezifische zeitliche Aufmerksamkeit äußert sich dabei durch bessere Reizverarbeitung bei häufigen als bei seltenen Reiz-Vorperiode-Paarungen. Trotz umfangreicher empirischer Forschungen ist bisher weder für allg. noch für spezif. zeitliche Aufmerksamkeit abschließend geklärt, ob die verbesserte Reizverarbeitung auf sensorische, motorische oder noch andere kogn. Verbesserungen zurückzuführen ist. Folglich werden die Ausdrücke zeitliche Aufmerksamkeit, zeitliche Erwartung und zeitliche Vorbereitung in der Literatur oft bedeutungsgleich verwendet.

Referenzen und vertiefende Literatur

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